Fünfte Reise, Tag 110: Hafen in einem einzigen Korn

Datum: 26. August 2025
Ort: Tyros, Libanon

Heute Nachmittag saß ich am Fischereihafen in Tyros. Die Boote sahen alt aus, ihre Farben waren verblasst und abgeblättert. Aber sie sahen immer noch hell aus, als hätte das Meer sie so erhalten. Netze wurden eingeholt und gefaltet, Hände bewegten sich mit ruhiger Vertrautheit. Das Geräusch von Seilen auf Holz, von Möwen, die nicht wegflogen, vermischte sich mit dem gleichmäßigen Plätschern des Wassers gegen die Steine. Ich ließ diese kleinen Rhythmen meinen eigenen Atem verlangsamen.

Ich bemerkte, wie sich das Licht auf den Oberflächen der Boote veränderte – in einem Moment matt, im nächsten plötzlich glänzend. Kinder rannten über den Pier, ihre Stimmen klangen hell im Gegensatz zum langsameren Tempo der Fischer. Das erinnerte mich daran, wie Orte viele Schichten von Zeit haben – die Schnelligkeit der Jugend, die Geduld der Arbeit, die Beharrlichkeit des Wassers, das den Stein erodiert.

Ich habe nicht gezeichnet, aber ich hatte mein Notizbuch dabei. Es tat gut, still zu sitzen und den Hafen um mich herum zu beobachten. Meine Hand lag auf dem Holz der Bank. Ich konnte die warme Sonne auf dem Holz spüren. Ich dachte darüber nach, wie oft ich an einem Ort ankomme und versuche, alles auf einmal aufzunehmen, aber heute ließ ich mich nur von kleinen Eindrücken des Meeres inspirieren.

Als es vorbei war, hatte ich das Gefühl, ein Teil des Hafens zu sein und ihn nicht nur zu beobachten. Der Tag war nicht besonders aufregend, aber er hat mir ein Gefühl der Ruhe hinterlassen, das allmählich stärker wird. Manchmal sind es die ganz gewöhnlichen Szenen, die uns am meisten in Erinnerung bleiben und die sich echter anfühlen als große, aufregende Szenen.