Fünfte Reise, Tag 122: Der Schatten des Löffels
„Shadow of the Spoon“ – Ein Stück Metall, das wie ein Mond über dem von Tee gefärbten Licht schwebt; Gaziantep versinkt in der Stille zwischen zwei Schlucken.
Datum: 7. September 2025
Ort: Gaziantep, Türkei
In Gaziantep, Türkei, zieht die Spätsommerhitze durch Kupferwerkstätten und Pistazienmärkte, während Teehäuser Schatten vor der staubigen Brise bieten. Die heutige Seite ruht in dieser Pause zwischen Reise und Ankunft.
Spätsommerlicht in Gaziantep
Der heutige Tag fühlte sich wie ein Wendepunkt an, nicht ganz entschieden, nicht ganz wandernd. Als ich ein Teehaus betrat, begann ich mich als Teil von Gaziantep zu fühlen. Der Eingang lag im Schatten und sah ganz normal aus, aber im Inneren fühlte es sich an, als würde ein langsamer Herzschlag zu hören sein. Die Tische waren alt, und das dunkle Holz war glatt, weil es von vielen Menschen berührt worden war. Ich bestellte ein kleines Glas Tee. Er war bernsteinfarben und scharf und wurde auf einer Untertasse mit einem Löffel serviert. Der Löffel klopfte gegen das Porzellan, wenn jemand den Tee umrührte, ohne darauf zu achten.
Ruhige Momente in einem Teehaus
Die Stimmen um mich herum waren leise und gleichmäßig. Die Gesten waren vertraut – einige Männer beugten sich mit einem halben Lächeln vor, während andere innehalten, um einen Blick auf die Straße zu werfen. Mir wurde klar, dass ich die Worte nicht verstehen musste, um die Bedeutung ihrer Pausen zu spüren, die Art und Weise, wie die Stille zwischen den Schlucken in der Luft hing. Es erinnerte mich an Malerei, denn selbst wenn nichts da ist, kann man damit viel ausdrücken.
Der Duft von Brot und gerösteten Nüssen
Der Dampf stieg nach oben, und ich beobachtete ihn. Ich stellte mir die Linien vor, die ich mit meinem Stift zeichnen würde. Das Glas hinterließ einen Ring auf dem Tisch, schwach und unvollkommen, und ich hatte das Gefühl, ich wollte ihn bewahren – nicht so, wie er war, sondern als Erinnerung, als Zeichen der Stille, an das man sich durch Geräusche und Gerüche erinnern konnte. Draußen trug die Luft den Duft von Brot und gerösteten Nüssen, eine warme Note im Staub.
Stille statt Skizzieren
Ich habe heute nicht viel gemacht, aber das fühlte sich richtig an. Mein Körper wollte sich entspannen, und die Stadt machte es möglich. Auch wenn draußen Lärm herrschte, gab es einen Moment der stillen Aufmerksamkeit.
Eine Stadt, die ihren Grenzen lauscht
Ich dachte an Syrien, direkt hinter mir, und daran, wie die Grenzübergänge miteinander verschmelzen, bis nur noch ein Gefühl von Luft, Staub und Stimmen im Übergang übrig bleibt. Heute Abend erinnern wir uns nicht an die ganze Stadt, sondern an einen besonderen Moment: den Dampf, der aus dem Tee aufsteigt, der verschwindet, aber Wärme in unseren Händen hinterlässt. Das reicht vielleicht schon für die Ankunft.
Reiseaufzeichnungen
- Wetter: Warmes Sonnenlicht mit einer trockenen Brise, 28 °C; leichter Staub in der Luft und eine angenehme, gemächliche Hitze.
- Düfte: Frisches Brot aus den Öfen in der Nachbarschaft, geröstete Pistazien und Nüsse, tanninhaltiger Tee und der sanfte Duft von altem Holz.
- Geräusche: Löffel klopfen auf Porzellan, leise, gleichmäßige Stimmen, gelegentliche Rufe von der Straße, die durch die Tür hereindringen.
- Reflexion: Ein kleiner Wendepunkt, markiert durch einen Teeglasring – Ankunft, gemessen nicht in Kilometern, sondern in der Wärme, die in den Händen zurückbleibt.
Die Reise fortsetzen
Vielleicht gefällt Ihnen auch ein weiterer türkischer Moment in Vierte Reise, Tag 157: Marktfragmente aus Istanbul – Fragmente eines Markttages, zusammengehalten durch Geräusche, Farben und Atemzüge.