Fünfte Reise Tag 132: Stille, getragen vom Wind
„Stille, getragen vom Wind“ – Ein ruhiger Faden aus Wasser und Himmel, zusammengehalten vom gleichmäßigen Atem des Plateaus.
Datum: 17. September 2025
Ort: Ardahan, Türkei
Die heutige Wanderung führte uns nach Ardahan, in die hohen, offenen Weiten des Nordostens der Türkei. Hier wird die Luft dünner und der Wind stärker, und der Oberlauf des Kura-Flusses schlängelt sich durch Steppengras und Felsen und bildet einen ruhigen Kontrast zum weiten Horizont.
Die Atmosphäre des Plateaus
Ich kam heute Morgen in Ardahan an und war beeindruckt von der Weite der Landschaft. Nach den gefalteten Tälern von Şavşat kam mir die Offenheit fast ungewohnt vor. Der Wind fühlte sich kalt und stark auf meiner Haut an und erinnerte mich daran, dass das Plateau sehr offen und exponiert ist. Jeder Atemzug fühlte sich klarer, aber auch kälter an, als wäre die Luft ihrer Weichheit beraubt worden.
Wanderung entlang des Kura-Flusses
Ich entschied mich für eine Wanderung entlang des Kura-Flusses. Der Weg schlängelte sich sanft dahin, und das Wasser floss stetig, aber nicht schnell. Seine Oberfläche war hellgrau-blau und bewegte sich mit kleinen Wellen, die Lichtreflexe einfingen. Die Ufer waren rau, mit Steinen bedeckt, und das Gras wuchs in kurzen, dichten Büscheln. Einige Vögel flogen dicht über dem Wasser. Ihre Flügel glänzten für einen Moment, bevor sie davonflogen. Der Klang war leise und gleichmäßig und trug weiter, als ich in der offenen Luft erwartet hatte.
Größe und Horizont
Was mir am meisten auffiel, war die Größe. Der Fluss war klein, aber er wirkte wie ein stiller Faden, der das Land zusammenhielt, weil das Plateau so groß war. Ich hielt oft an, um auf die flachen Weiten zu blicken, und bemerkte, wie der Horizont von einem leichten Dunst umhüllt war. Es fühlte sich endlos und gleichzeitig erdend an, als würde das Gewicht des Himmels gleichmäßig auf alles drücken.
Die Stimme des Flusses
Ich dachte darüber nach, wie Wasser je nach Ort seine Stimme verändert – turbulent in Artvin, leise in Karagöl, unruhig in Trabzon. Hier sprach der Kura ruhig und entschlossen und floss ohne Eile voran. Er passte zu der Leere um ihn herum, konkurrierte nicht mit ihr, sondern gehörte einfach dazu.
Stille Kraft in der Nacht
Heute Nacht fühle ich mich kleiner und gleichzeitig stabiler. Die Weite von Ardahan lässt einen alles sehen, aber die Bewegung des Flusses erinnerte mich daran, dass Stille manchmal auch aktiv sein kann. Das ist die Erinnerung, die ich von heute habe: Wasser, das ruhig durch ein Land fließt, das einfach nur da sein will.
Reiseaufzeichnungen
- Wetter: Hellblauer Himmel mit hohen, streifigen Wolken; kühle, trockene Luft bei 10 °C; ein stetiger Plateauwind mit einer scharfen Kante, der die Lungen reinigt.
- Gerüche: Saubere, kalte Luft mit einem Hauch von trockenem Gras und Flusssteinen; ein schwacher mineralischer Geruch steigt vom Ufer auf.
- Geräusche: Leises, gleichmäßiges Plätschern; Flügelschläge, die aufblitzen und wieder verschwinden; Wind, der über offenes Gelände weht und jedes noch so leise Geräusch weiter trägt als erwartet.
- Reflexion: Die Ruhe des Kura ließ die Stille aktiv erscheinen – Fortschritt ohne Eile, Zugehörigkeit ohne Ankündigung.
Die Reise fortsetzen
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