Fünfte Reise Tag 134: Hund ohne Zeugen
„Hund ohne Zeugen“ – Eine stille Pause am Ufer des Rioni, wo selbst Abwesenheit in Kutaisi präsent zu sein scheint.
Datum: 19. September 2025
Ort: Kutaissi, Georgien
In Kutaisi, Georgien, schlängelt sich der Fluss Rioni durch die Imereti-Ebene und bringt kühle Luft und die Stille der grünen Ufer mit sich. Der Tag verlief ruhig – Frühherbst, blasser Himmel –, wo die Kathedrale auf dem Hügel der Stadt und die Uferwege den Rhythmus des Wassers, des Lichts und des verweilenden Atems teilen.
Stunden am Fluss Rioni
Heute Nachmittag ging ich zum Fluss hinunter und folgte dabei eher dem Rauschen des Wassers als dem Weg. Der Rioni floss stetig, weder schnell noch langsam, mit einer Oberfläche, die ständig zwischen mattem Grau und plötzlichen silbernen Reflexen wechselte. Vom Ufer aus konnte ich sehen, wie sich das Wasser um Steine sammelte und sich dann wieder löste, als würde sich das Wasser an die Steine erinnern. Ich saß lange da und beobachtete, wie das Licht über die Wasseroberfläche wanderte und in der Luft verschwand.
Der Duft der Erde, nicht von Salz
Die Brise fühlte sich anders an als die dicke, salzige Luft von Batumi. Hier trug der Wind den Geruch von Erde und grünen Pflanzen mit sich. Es war, als ob sich die Felder stromaufwärts in jeden Atemzug eingeprägt hätten. Sogar das Geräusch war anders – kein Lärm von Möwen oder Wellen, sondern das leise, gleichmäßige Geräusch von Wasser, das gegen Steine strömte.
Ein vorbeilaufender Hund, ein kleiner Moment
Ein Hund kam vorbei, schnüffelte am Rand des Ufers und trottete dann davon, ohne sich umzusehen. Ich werde mich immer mehr an die Kleinheit dieses Moments erinnern als an die Kathedrale, die ich auf dem Hügel gesehen habe.
Stille statt Skizzieren
Heute habe ich nicht gezeichnet. Mein Skizzenbuch lag geschlossen auf meinem Schoß. Es reichte mir, einfach nur zu schauen, mich von der Oberfläche des Wassers etwas über Rhythmus und Zögern lehren zu lassen. Manchmal sah auch der Fluss müde aus, drehte sich im Kreis, bevor er endlich seinen Weg fand. Mir fiel auf, wie Stille in Bewegung existieren kann und wie selbst im Rauschen des Wassers eine Stille darunter wartet.
Ankunft ohne Ankündigung
Heute Abend fühle ich mich auf eine beständige Weise ausgeglichen. Der Fluss hat mir bewusst gemacht, dass Ankunft nicht immer offensichtlich oder dramatisch sein muss. Manchmal bedeutet sie einfach nur, am Ufer des Ozeans zu sitzen und den Tag verstreichen zu lassen, bis man beginnt, im gleichen Rhythmus wie die Umgebung zu atmen.
Reiseaufzeichnungen
- Wetter: Hellblauer Himmel mit vereinzelten Wolken; 17 °C; eine kühle Brise, die den feuchten Duft des Rioni und das silbern schimmernde Wasser mit sich bringt.
- Düfte: Erde und grüne Pflanzen, Flusssteine und die in Batumi spürbare Abwesenheit von salziger Meeresluft.
- Geräusche: Das leise, gleichmäßige Plätschern des Wassers gegen die Steine; das Rascheln der Blätter am Ufer; die Stille des Flusses, die die Ränder der Stadt milderte.
- Reflexion: Die Entscheidung, nicht zu zeichnen, wurde zu einer eigenen Praxis – den Rhythmus des Flusses kennenlernen, die Stille in der Bewegung wahrnehmen, still ankommen.
Die Reise fortsetzen
Sie können auch bei einer weiteren stillen Begegnung in Fünfte Reise Tag 72: Der Hund, der das Urteil besiegelte verweilen oder durch die Linse eines Künstlers in Zweite Reise Tag 112: Luka Tsereteli.