Fünfte Reise Tag 159: Rost unter blauem Schweigen

Abstract blue field with rust-toned forms suggesting Piran’s sea-misted harbor walls and weathered stone on Slovenia’s Adriatic coast

„Rost unter blauem Schweigen“ – Eine stille Studie über die Stille der Adria und die vom Zahn der Zeit gezeichneten Ränder in Piran.

Datum: 14. Oktober 2025
Ort: Piran, Slowenien

In Piran , an der slowenischen Istrien-Küste entlang der Adria, treffen Gassen aus der venezianischen Zeit auf einen aktiven Hafen und nahegelegene Salinen in Sečovlje. Der Morgen war mild und bewölkt, genau das richtige Wetter an der Küste, um Geräusche zu dämpfen und das Meer leise rauschen zu lassen – perfekt für einen Tag, an dem man sich Zeit nimmt, um zu beobachten und sich vom maritimen Rhythmus der Stadt leiten zu lassen, während man sein Skizzenbuch zückt und tief durchatmet.

Bevor die Cafés aufwachten

Ich kam früh dort an, bevor die Cafés öffneten. Zu dieser Zeit war es am Hafen noch ruhig. Als ich am Meeresrand entlangging, bemerkte ich, dass es nicht wie erwartet schimmerte, sondern eher murmelte. Seine Oberfläche hatte eine matte silberne Farbe, die durch den Morgennebel noch dunkler wirkte. Ein Fischer band sein Netz auf, seine Bewegungen waren langsam und natürlich, das Seil glitt leicht dahin. Das Geräusch, das dabei entstand – ein leises Schleifen – erinnerte mich daran, wie man Linien auf dickes Papier zeichnet.

Stein, Salz und Stille

Piran wirkt wie ein Ort, der vom Rest der Welt abgeschottet ist. Die Gebäude sehen aus, als wären sie über viele Jahre hinweg vom Wind und Salz gepflegt worden. Selbst die Risse in den Wänden scheinen ihren Platz zu kennen. Ich saß auf einer Steinbank am Meer und beobachtete, wie Tauben Krümel pickten. Ein Junge in der Nähe warf Kieselsteine ins Wasser, ohne darauf zu achten, wo sie landeten. Jeder Kieselstein bildete einen kleinen Kreis, der sich ausbreitete und in einem anderen verschwand.

Stille statt Skizzieren

Heute fühlte ich mich körperlich leer, aber nicht innerlich. Nach vielen Tagen der Bewegung entsteht eine Art Geduld. Der Drang, etwas festzuhalten, schwindet, und was bleibt, ist einfach nur das Wahrnehmen. Das Meer hier ist ruhig. Es existiert in Schattierungen der Zurückhaltung, und ich glaube, das ist es, wonach ich auch gesucht habe: eine langsamere Art des Sehens, bei der die Form dem Rhythmus weicht.

Gassen und angehaltener Atem

Als das Licht am Nachmittag schwächer wurde, ging ich durch die Gassen zurück. Die Luft in den Gassen roch nach Salz, Seife und Orangen. Eine Glocke läutete und verstummte dann plötzlich, als hätte sie mitten im Nachdenken innegehalten. Diese Pause – wie ein Atemzug, der zwischen zwei Momenten hängen geblieben war – blieb mir noch lange im Gedächtnis.

Reiseaufzeichnungen

  • Wetter: Mild und bewölkt, 15 °C; salzige Luft mit einem Hauch von trocknendem Seetang; leichter Wind streicht über die Steine des Hafens, zeitweise Sonnenschein.
  • Gerüche: Salz und Seetang am Kai; später duftete es in den Gassen nach Seife und Orangen.
  • Geräusche: Das leise Ziehen des Seils durch die Hände eines Fischers; das Rascheln der Tauben; Kieselsteine, die auf das Wasser fallen und Kreise bilden; eine Glocke, die läutet und dann abrupt verstummt.
  • Reflexion: Geduld nach vielen Tagen der Bewegung; sich dafür entscheiden, wahrzunehmen statt zu jagen – Form weicht Rhythmus, Zurückhaltung und einer langsameren Art des Sehens.

Die Reise fortsetzen

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