Fünfte Reise, Tag 161: Die Brücke erinnerte sich an sich selbst

Abstract painting of a Venetian stone bridge dissolving into lagoon mist over a quiet canal in Venice, Italy

„Die Brücke erinnerte sich an sich selbst“ – Eine Steinbrücke verschwindet im Nebel, wo Venedig dem Licht beibringt, den Atem anzuhalten.

Datum: 16. Oktober 2025
Ort: Venedig, Italien

In Venedig, Italien, verwandeln die Gezeiten der Lagune und der sanfte Nebel Brücken und Fassaden in flüchtige Erinnerungen. Bei einem Spaziergang durch Dorsoduro formten der Morgennebel, die verwitterten Steine und die stillen Kanäle einen Tag des langsamen Reisens, an dem das Beobachten zu einer Art Skizze wurde.

Morgennebel über Dorsoduro

Der Morgen war erfüllt von sanftem, blassem Nebel, der sich wie Stoff in der Luft anfühlte. Ich spazierte langsam durch Dorsoduro und dachte noch immer still über meine Reise nach. Der Stein unter meinen Füßen fühlte sich kühl und uneben an, und das Wasser neben den Gebäuden bewegte sich leise. Ich kam an einer Wäscheleine vorbei, die über eine Gasse gespannt war. Die Hemden auf der Leine bewegten sich ein wenig im Wind.

Die Brücke und ihr Echo

Venedig wirkt wie in der Zeit stehen geblieben und gleichzeitig verfallen, als hätte die Schönheit hier gelernt, mit den Auswirkungen der Erosion zu leben. Die Fassaden der Gebäude sind filigran, die Farbe blättert an den Rändern ab, aber alles sieht bewusst so aus – sogar die Risse sind so gestaltet, dass sie das Licht einfangen. Ich hielt an einer kleinen Brücke, wo der Kanal schmaler wurde, und beobachtete eine Katze, die zwischen Fensterbänken hin und her sprang, während ihr Spiegelbild im Wasser verschwand.

Der metallene Rand einer Kaffeetasse

Gegen Mittag verschwand der Nebel und gab den Blick auf Oberflächen frei, die eine mattgoldene Farbe hatten. Ich kaufte einen Kaffee von einem Mann, der nur wenig Englisch sprach. Die Tasse war warm in meiner Hand, und ihre Wärme tat mir nach dem langen Spaziergang gut. Der Geschmack des Metallgriffs blieb schwach zurück – scharf und rein –, bevor er in die Bitterkeit des Kaffees selbst überging.

Eine Stadt, die dem Wasser lauscht

Am Nachmittag verspürte ich eine Stille, die weder Ruhe noch Müdigkeit war, sondern eher eine Art Hingabe an diesen Ort. Hier scheint sich die Welt langsamer zu bewegen. Selbst kleine Dinge, wie das Schließen einer Tür oder das Geräusch von Glas im Wasser, scheinen länger zu dauern, als sie sollten.

Stille statt Skizzieren

Ich kehrte vor Sonnenuntergang zurück, hatte aber keine Skizzen angefertigt. Mein Kopf war voller Ideen für Gemälde: das Graublau des Wassers vor dem Putz, die weiße Linie des Nebels vor den Dächern. Nichts wurde festgehalten, doch alles bleibt.

Reiseaufzeichnungen

  • Wetter: Nebliger Morgen, der sich zu gedämpfter Sonne aufklart; 18 °C. Kühle, feuchte Luft; Steine, die die Kälte der Nacht speichern; Nachmittagslicht, das Fassaden in ein sanftes, mattes Gold taucht.
  • Düfte: Salzlake und feuchter Putz, ein Hauch von Waschseife aus den Wäscheleinen in den Gassen, die Bitterkeit von Espresso und der schwache metallische Geruch des Tassenhenkels.
  • Geräusche: Das Rascheln von Hemden auf der Wäscheleine, plätscherndes Kanalwasser, ferne Glocken, eine langsam schließende Tür und das leise Klirren von Porzellan auf Metall.
  • Reflexion: Eine sanfte Hingabe an das Tempo – heute keine Skizze, nur eine Brücke zwischen Erinnerung und Farbe.

Die Reise fortsetzen

Genießen Sie einen weiteren venezianischen Moment in Zweite Reise Tag 96: Matteo Rossi, oder verweilen Sie bei den Echos der Kunstgeschichte im nahe gelegenen Vierte Reise Tag 137: Renaissance-Träumerei.