Fünfte Reise, Tag 74: Die flaschengrüne Pause

Datum: 21. Juli 2025
Ort: Ganja, Aserbaidschan
Ich verbrachte den größten Teil des Nachmittags im Nizami-Mausoleum, ohne an etwas Bestimmtes zu denken, sondern einfach nur um mich auszuruhen – unter den Zypressen, neben warmen Steinen, und ließ den Tag ohne ein bestimmtes Ziel verstreichen. Die Hitze war stark, fast so, als könnte man sie spüren, aber der Innenhof bot mehr als nur Schatten. Es war ein Gefühl der Ruhe. Ich saß mit gekreuzten Beinen auf der niedrigen Mauer und skizzierte ein wenig. Ich konzentrierte mich mehr auf das Gefühl des Augenblicks als auf die genauen Details. Ich versuchte, den Lauf der Zeit zu spüren.
Das Mausoleum selbst ist vertikal, was unmöglich ist. Es drückt nach oben, wie eine Wirbelsäule. Aber ich schaute mir weiterhin die ruhigeren Details an – die Inschriften auf den Sockeln, die Art und Weise, wie sich Staub in den gemeißelten Buchstaben absetzte, die blasse Motte, die auf einer Steinplatte ruhte. Eine Zeit lang war niemand sonst im Innenhof. Nur der Gärtner mit einem Schlauch spritzte den Weg ab. Ich beobachtete, wie das Wasser auf die heißen Fliesen tropfte und dann fast sofort verschwand. Ich konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken.
Auf dem Rückweg kaufte ich eine kleine Flasche Estragon-Limonade. Sie war leuchtend grün und ich hatte sie noch nie zuvor gesehen. Ich nippte langsam daran, während ich zum Hotel zurückging. Der Geschmack war scharf, fast wie Medizin, aber nicht schlecht. Ich betrachtete es als eine Art Interpunktion. Es ist eine großartige Art, den Nachmittag zu beenden.
Ich fühle mich hier entspannt. Es ist eine Art ruhige Anonymität. Es ist, als würde mich die Stadt verschwinden lassen – nicht weil es ihr egal ist, sondern weil sie mich akzeptiert. Ich weiß nicht, was morgen bringen wird. Aber heute fühlte sich Ganja wie eine Pause an, die offen gehalten wurde. Ich ließ mich darin ausruhen.