Fünfte Reise, Tag 152: Die Pause, die Wasser hielt
„Die Pause, die Wasser hielt“ – Ein stiller Schwall von Neretva-Grün, der unter der Stari Most den Atem anhält.
Datum: 7. Oktober 2025
Ort: Mostar, Bosnien und Herzegowina
In Mostar, Bosnien und Herzegowina, verlief der Tag im Rhythmus des wechselnden Grüns der Neretva und des Steinbogens der Stari Most. Straßen aus der Zeit des Osmanischen Reiches, der Ruf zum Gebet, der über das Tal schwebt, und Kalkstein, der vom späten Licht erwärmt wird, bestimmten den Rhythmus eines nachdenklichen Nachmittags, an dem man die Geschichte zum Greifen nah spürt.
Die Stadt, die über der Neretva schwebt
Die Stadt wirkt, als würde sie schweben – teils Luft, teils Echo. Als ich heute Morgen durch die Altstadt spazierte, hatte ich das Gefühl, dass sich die Steinstraßen an jeden meiner Schritte erinnerten. Die Oberfläche der Brücke weist ungleichmäßige Abnutzung auf, mit einer glatten Mitte und raueren Rändern. Als ich mich über das Geländer lehnte, konnte ich die Kälte spüren, die vom Fluss Neretva aufstieg. Das Wasser ist unglaublich grün. Es ist nicht smaragdgrün, nicht jadegrün, sondern etwas dazwischen. Es verändert sich je nachdem, wie das Licht darauf fällt.
Kaffee aus Kupfer und ruhige Ecken
Hinter einer Reihe von Marktständen entdeckte ich ein kleines Café. Das Geräusch des Löffels, der den Kaffee in der Kupferkanne umrührte, erinnerte mich an eine Glocke. Es war leise, aber auch laut. Ich saß draußen und trank langsam, während ich beobachtete, wie das Sonnenlicht die Wand eines nahe gelegenen Hauses hinunterwanderte.
Von Reben umrankte Steine
Der Putz war an einigen Stellen rissig, und eine Ranke war durch eines der Fenster gewachsen. Es sah fast absichtlich aus, als wäre das Gebäude weicher geworden.
Stille statt Skizzieren
In der Abenddämmerung kehrte ich zur Brücke zurück. Die Luft wurde kühler, und die Menschen versammelten sich an den Rändern, um den Himmel zu beobachten, wie er langsam verblasste. Als der Gebetsruf ertönte, hallte der Klang in überlappenden Wellen über das Wasser. Für einen Moment schien es, als hätte die ganze Stadt den Atem angehalten – nicht weil alle beteten, sondern weil alle still waren. Ich zeichnete nicht und machte keine Fotos. Ich sah nur zu, wie das letzte Licht des Tages verschwand, während es die Umrisse der Hügel nachzeichnete.
Wenn die Stadt den Atem anhält
Heute Nacht ist das Fenster meines Gästezimmers geöffnet. Das Rauschen des Flusses klingt wie das Geräusch von sich faltendem Stoff. Ich verspüre eine Art von Ruhe, die ich nicht benennen kann – es ist weder Frieden noch Traurigkeit, sondern etwas dazwischen. Mostar hat diese Eigenschaft: Es spricht nicht, sondern hört zu.
Reiseaufzeichnungen
- Wetter: Klar und mild bei 17 °C; ein leichter Wind weht vom Fluss herauf; das Licht des späten Nachmittags hat einen sanften Goldschimmer; in der Abenddämmerung wird die Luft kühler.
- Düfte: Starker Kaffee aus einer Kupferkanne, kühler Kalkstein, eine grüne Note von Kletterpflanzen.
- Geräusche: Ein Löffel, der wie eine kleine Glocke gegen Kupfer klirrt; der gleichmäßige Atem der Neretva; leise Schritte auf abgenutzten Steinen; der Ruf zum Gebet in sich überlagernden Wellen.
- Reflexion: Eine Pause zwischen Frieden und Traurigkeit, als würden die Brücke und der Fluss zurückhören.
Die Reise fortsetzen
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